Was kann ich tun?
Wie schon letztes Sylvester, so dankst du vielleicht auch dieses Jahr ausnahmsweise einmal für Corona. Es wird stiller sein als es oft war. Dennoch warten wir alle Tierhalter:innen mit einer gewissen Sorge auf diese letzte Nacht im Jahr.
Der Stress der Tiere
Hunde und Pferde reagieren unterschiedlich auf Stresssituationen. Auch die Wege in die Entspannung sind für jedes Tier unterschiedlich; eine vielseitige Werkzeugkiste und gute Kenntnisse der Körpersprache eröffnen viele Hilfsmöglichkeiten. Beruhigende Medikamente zu verabreichen will kritisch durchdacht sein. Das Mittel Vetranquil wurde früher häufig an Silvester als Beruhigungsmittel für Hunde und für Pferde verabreicht. Davon wird heute abgeraten: Das Sedativum lähmt den Muskeltonus der Tiere, das Hörvermögen bleibt aber gleich – die Tiere im gleichen Zustand sind mehr in der Lage, angemessen zu reagieren und fühlen sich extrem hilflos und ausgeliefert.
Die Angst ignorieren?
Die Angst der Tiere zu ignorieren, ist entgegen alter Überzeugungen nicht sinnvoll, denn: Mit einem ängstlichen Hund zu sprechen und/oder ihn zu berühren, verstärkt seine Angst nicht – gerade körperliche Nähe und achtsame Berührung führen zu Oxytocinausschüttung, beruhigen und steigern das Wohlbefinden. Dabei ist es allerdings wichtig, darauf zu achten, dass man nicht Teil des emotional panischen Systems wird (sich in Mitleid und Sorge befindet), sondern gut geerdet, gelassen und ruhig Stabilität zum Ausdruck bringt, eine innere Alltagshaltung und ev. auch Alltagsverrichtungen (Hausschuhe, Sofa, die gemütliche Variante, Fernseher an, Musik, …) können sehr hilfreich sein, um sich den Tieren als Anker der Sicherheit anzubieten.
Als Hundehalter:in kann man viel tun, um dem Tier eine ruhige Silvesternacht zu ermöglichen. Die Lichtimpulse des Feuerwerks kann man durch das Verhängen der Fenster abschirmen. Hunde sollen bereits im Welpenalter freudvoll an Geräusche gewöhnt werden. Es gibt Geräusch-CDs, die man unter fachkundiger Anleitung zur positiven Gegenkonditionierung nutzen kann. Und man kann sogar Ohrschützer für Hunde bekommen, die man allerdings rechtzeitig angewöhnen muss. In einem Internet-Forum fand ich eine Abbildung eines Hundes mit einem dichten BH (C ‑Cup :))) über den Ohren, das schien auch zu gehen und ist in den meisten Haushalten vorhabend.
Was tun, wenn es draußen knallt?
Sanfte Bewegung und Berührung regen das propriozeptive System an (dessen Rezeptoren an Gelenken liegen und den einzelnen Körperteilen eine Information darüber geben, wo sie sich im Verhältnis zum Raum befinden) und fördern die Ausschüttung beruhigender Hormone wie Serotonin und Dopamin, also TTouch, Körperbänder, Bodenarbeitsübungen.
Als Hundehalter:in kann man Spiele oder Beschäftigung anbieten. Manchmal hilft es, in Stresssituationen etwas ganz routinemäßiges zu tun – und dabei zu respektieren, wenn dem Hund nicht danach ist.
Viele Hunde wollen sich bei Gefahr verkriechen: Biete ihnen schon vorher eine „Höhle“ (etwa unter dem Tisch mit Decken gebaut oder eine Transportbox) oder einen Unterschlupf an und gewöhne den Hund daran mit Leckerli und Co. Kauen und essen allgemein beruhigt, da es das Nervensystem vom Sympathikus zum Parasympathikus „umschaltet“, also vom Stress- in den Normalmodus.
Körperbänder und Thundershirts haben durch die passive sensorische Körperbegrenzung oft eine sehr beruhigende Wirkung: Im Alltag angewöhnt, können diese ein wertvolles Hilfsmittel sein. Aber ich bekomme auch sehr viele positive Rückmeldungen über den Einsatz von Tellington-Körperbändern, spontan, ohne jegliche Vorarbeit.
Ohr-TTouches, also sanftes, gleichmäßiges Ausstreichen der Ohren von der Basis bis zur Spitze in Wuchsrichtung stimuliert wichtige Akupressurpunkte (insbesondere den Schockpunkt an der Ohrspitze), beruhigt und wirkt auf den gesamten Organismus. Auch „Noah’s Marsch“, achtsames Abstreichen von Kopf bis Huf/Pfote und Schweif‑,Rutenspitze erdet, kann beruhigen und dafür sorgen, dass der Hund nicht “außer sich vor Angst” gerät.
Bachblüten und Homöopathie können bereits mehrere Tage vorher angewandt werden und helfen. Lass dich beraten.
Und um mit Sicherheit einen entspannten Silvesterabend mit Hund zu verbringen: Besuche Freunde, die fernab wohnen.
Pferde und Sylvester
Auch beim Pferd setze ich Ohr- und Maul-TTouch ein, um sie zu beruhigen, wenn das geht.
Auch Pferdebesitzer stehen jedes Jahr erneut vor der Wahl: Stall oder Auslauf? Leise klassische Musik kann im Stall beruhigend wirken. Manchen Pferden hilft es zu essen: Bring Möhrchen, Äpfel, rote Rüben, was immer dir für Ihr Pferd gesund und interessant genug erscheint, klein geschnitten und eimerweise mit zur „Silvesterparty“. Wenn du die Möglichkeit einer wirklich sicheren Umzäunung haben, kannst du deinem, Pferd Freiraum zur Bewegung geben — Traumata setzen sich weniger fest, wenn das Pferd die Situation im natürlichen Fluchtreflex ausagieren kann. Mach alle Lichter an, die du hast, so dass die grellen Lichteffekte reduziert werden, die für Pferdeaugen sehr irritierend sind.
Falls du Nachbarn ohne Tiere hast: Du musst verstehen, dass sie einfach nicht dran denken! Bitte sie rechtzeitig, vielleicht mit Weihnachtsgebäck und einem Marzipan-Schweinchen in der Hand, darauf zu achten wohin sie die Kracher ausrichten, nicht über deine schöne Wiese, wo die Pferde sonst sind, und nicht über das Dach des Stallgebäudes.
Vögel und andere Kleintiere
Käfige abdecken, möglichst weit von Fenstern in einem möglichst ruhigen Raum aufstellen.
Fenster geschlossen halten und die Rollläden herunterlassen bzw. Vorhänge vorziehen, als Schutz vor den Lichteffekten.
Katzen
Rechtzeitig ins Haus holen und alle Möglichkeiten, das Haus zu verlassen, abschließen.